Angewandte Forschung für die Nachhaltigkeitsrobotik
Schaffhausen wird zu einer Anwendungsregion für Nachhaltigkeitsrobotik: Drohnen und intelligente Maschinen sollen künftig unter realen Bedingungen getestet und weiterentwickelt werden – als Brücke zwischen Forschung und Industrie – zum Nutzen der Umwelt.
Die Drohne surrt kurz in der Luft, bevor sie plötzlich im Wasser des Rheins verschwindet. Ist sie abgestürzt? Nein, denn die Frau mit der 3D-Brille bewegt noch immer ruhig ihre Finger über die Steuerung. Und plötzlich taucht die nasse Drohe mit einer Wasserprobe wieder über der Oberfläche auf und landet sachte am Ufer. Solche Tests sind jetzt noch Zukunftsmusik in Schaffhausen. Doch bald sollen sie zum Alltag werden: Als Mosaikstein in der weltweiten Forschung und Anwendung von Zukunftstechnologien. So sieht es Professor Mirko Kovač. Kovač ist Leiter des Labors für Nachhaltigkeitsrobotik an der Empa in Dübendorf sowie an der EPFL und gehört zu den prägenden Figuren im neuen Forschungsfeld der Nachhaltigkeitsrobotik. Einer Disziplin, die dank der Verbindung von «physical AI» neue Typen von Robotern entwickelt, neue Einsatzgebiete ermöglicht, die in der Erhaltung und Verbesserung von Infrastruktur oder im Umweltschutz bedeutende Unterstützung leisten können. Sein Ziel in diesem neuen Forschungsfeld: Eine führende Stellung der Schweiz, und Schaffhausen soll eine Schlüsselrolle spielen. Als Wirtschaftsstandort in diesem dynamischen Technologieumfeld, wo an Zukunftstechnologien geforscht wird. Dazu hat die Empa in Schaffhausen bereits konkrete Pläne für den Aufbau eines Kompetenzzentrums für Nachhaltigkeitsrobotik als Erweiterung der eigenen Test- und Anwendungsinfrastruktur im Labor und im «DroneHub » und der «AeroAquaArena» in Dübendorf.
Warum in Schaffhausen?
Globale Herausforderungen wie die Covid-Krise, Energieunsicherheit, die Mindeststeuer oder geopolitische Spannungen setzen den Wirtschaftsstandort Schaffhausen unter Druck. Besonders die exportorientierte Industrie ist konstant gefordert, ihre Innovationskraft zu stärken. Um Unternehmen dabei zu unterstützen, setzt der Kanton seit 2019 auf die Entwicklung eines regionalen Innovationsökosystems – mit Schaffhausen als Anwendungsregion für Zukunftstechnologien.
Eine Anwendungsregion ist ein Innovationsraum, in dem neue Technologien nicht nur erforscht, sondern unter realen Bedingungen getestet und weiterentwickelt werden. Sie bildet die Brücke zwischen Grundlagenforschung und marktreifen Produkten. In enger Zusammenarbeit zwischen Industrie, Forschungseinrichtungen und unterstützt durch die öffentliche Hand und die Wirtschaftsförderung werden hier Prototypen validiert, Erfahrungen im Feldeinsatz gesammelt und Lösungen für konkrete Einsatzgebiete von Unternehmen und Gesellschaft entwickelt.
Mit Projekten wie dem Swiss Transit Lab, Drohnenflügen auf dem Schmerlat oder der dezentralen Versuchsstation für smarte Technologien in der Landwirtschaft hat Schaffhausen bereits Akzente gesetzt. Das Kompetenzzentrum für Nachhaltigkeitsrobotik knüpft an diese Erfahrungen an. Mit der Empa als Partner in der Grundlagenforschung und den erfolgreichen Technologieunternehmen mit hoher Material- und Fertigungskompetenz vor Ort. Diese Voraussetzungen machen Schaffhausen zu einem idealen Ort, um Zukunftstechnologien aus dem Labor in die Praxis zu bringen – und ein funktionierendes Innovationsökosystem zu etablieren.

Mit der einzigartigen Biodiversität, dem Starken Wirtschaftsstandort mit den vielen Hightech-Unternehmen und der Unterstützung durch Behörden und Wirtschaftsförderung findet die Empa in Schaffhausen gute Voraussetzungen für den Aufbau des Kompetenzzentrums.
AbbVie
Kompetenzzentrum für Nachhaltigkeitsrobotik
Noch testen die Forscher um Professor Kovač die Roboter in den Laboren der Empa und der EPFL. Bald werden sie im neuen DroneHub in Dübendorf ein Aussenlabor beziehen. Gut geschützt in einer Art Käfig werden die Roboter ihre ersten Schritte oder Flüge machen. Damit will Kovač nicht nur erforschen, inwiefern Drohnen und andere Roboter Aufgaben im Bereich von Gebäudeinspektion, Wartung und Reparatur übernehmen können, die für Menschen zu gefährlich sind, sondern auch ein diverses Portfolio an Robotern und Drohnen zur Ermittlung von Umweltdaten in Wäldern und Feuchtgebieten entwickeln. Doch das alles noch unter kontrollierten Parametern. «Was, wenn der Wind stärker ist, die Strömung nicht so wie erwartet? Bevor wir unsere Roboter zum Beispiel unter Extrembedingungen in Grönland oder in Häuserschluchten von Metropolen einsetzen, müssen wir sie auf Herz und Nieren prüfen – auch ausserhalb des Labors.»
Mit dem Aufbau eines Kompetenzzentrums für Nachhaltigkeitsrobotik in Schaffhausen will die Empa ihre Forschung aus dem Labor in reale Umgebungen überführen – in enger Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen, Behörden und Bildungseinrichtungen. Schaffhausen wird damit zum Anwendungsfeld für die Nachhaltigkeitsrobotik und Technologien, die Umwelt, Infrastruktur und Gesellschaft nachhaltig unterstützen sollen. «Wir finden hier die besten Voraussetzungen: Die international einzigartige Biodiversität mit Rhein und Randen, der starke Wirtschaftsstandort mit den vielen Hightech-Unternehmen, die kurzen Wege und die Unterstützung durch die Wirtschaftsförderung und Behörden ist genau das, was wir für den Aufbau unseres Zentrums benötigen», erklärt Kovač. «Wir haben hier die Bedingungen, um mit unseren Robotern – ob sie nun fliegen oder sich am Boden oder im Wasser fortbewegen – Erfahrungen zu sammeln. Und gleichzeitig Partnerschaften mit der Wirtschaft vor Ort einzugehen.» Das könnten Softwarehersteller, Spritzgiesser, Sensorentwickler oder Entwicklungsabteilungen von ansässigen Headquartern sein. Erste Gespräche haben stattgefunden und werden in den nächsten Monaten weiter vertieft. Auch mit der Verwaltung oder mit lokalen Schulen wurden Ideen ausgetauscht. Damit Ideen und Projekte wachsen können.
Nächste Schritte
Ziel der Empa und des Kantons ist es, in den nächsten fünf Jahren in enger Zusammenarbeit mit Schaffhauser Unternehmen gemeinsam Robotiklösungen im Bereich der Umweltsensorik zu entwickeln, zu validieren und in realen Umgebungen anzuwenden, zum Beispiel durch das Monitoring der Wasserqualität oder Biodiversitätsmessungen. Dazu werden im Kanton Schaffhausen geeignete Standorte für die Durchführung der Testanwendungen mit Sensortechnik ausgerüstet. Das Kompetenzzentrum soll als Innovations- und Forschungsdrehscheibe im Bereich Nachhaltigkeitsrobotik dienen und einen Wissenstransfer zwischen Forschung sowie lokalen Unternehmen oder Organisationen ermöglichen. Der Kanton Schaffhausen leistet mit seiner Unterstützung des Kompetenzzentrums im Rahmen von RSE einen wichtigen Beitrag, damit der Aufbau und die Machbarkeitsprüfung vorangehen können.
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