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Warum brauchen wir die Circular Economy – jetzt?

Sep 20, 2023

Der Begriff «Kreislaufwirtschaft» ist nicht neu, gewinnt aber stark an Bedeutung. Wir wollten von Albena Björck, Dozentin an der ZHAW-School of Management and Law, wissen, warum dies so ist und so sein muss.

Circular Economy oder Kreislaufwirtschaft ist das Thema der Stunde. Kaum eine Woche, in der nicht eine Firma, ein Entscheid oder ein Projekt dazu in den Medien thematisiert wird. Was also bedeutet Kreislaufwirtschaft als Begriff und was ist die wirtschaftliche Bedeutung?

Albena Björeck: Im Gegensatz zum heutigen linearen Wirtschaftssystem zielt die Kreislaufwirtschaft darauf ab, den Ressourcenverbrauch, die Abfälle, die Emissionen und die Energieverluste zu reduzieren. Dies erreicht man durch Verkleinerung, Verlangsamung und schliesslich durch Schliessung der Materialund Energiekreisläufe. Die Kreislaufwirtschaft setzt dabei eine enge Kooperation zwischen allen Teilnehmern an der Wertschöpfung voraus, bei der sie auf Innovation getrimmt werden und als Ergebnis resilienter werden. Die wirtschaftliche Bedeutung der Kreislaufwirtschaft geht somit deutlich weiter als an sich wichtige Aktivitäten wie Recycling oder Corporate Social Responsibility.

 

Wo stehen wir heute?

Albena Björck: Die Schweiz ist derzeit nur zu knapp sieben Prozent zirkulär. Trotz einer Spitzenrecycling-Quote von 52 Prozent im Jahr 2022 und positiver Grundhaltung der Bevölkerung stammen nur gerade 6,9 Prozent der verwendeten Rohstoffe aus sekundären Quellen wie Wiederverwertung und Recycling. Das muss sich dringend ändern. Und das System der Kreislaufwirtschaft ist dafür das richtige Instrument.

 

Warum ist diese Quote so tief? Die Kreislaufwirtschaft is ja keine Neuerfindung!

Albena Björck: Die Idee einer kreislaufförmigen Wertschöpfung ist bereits in den 1970er Jahren in der Praxis entstanden und ursprünglich im industriellen Design und in der Architektur zu finden. Aber es wurde allzu lange von der Wirtschaft und auch von der Forschung als reines Nischenthema wahrgenommen. Zuerst wurden wichtige Grundlagen mit technologischen und Materialinnovationen geschaffen. Neu liegt der Fokus auf der strategischen und kulturellen Verankerung, der gestiegenen Komplexität und Verletzlichkeit der Lieferketten und der Neugestaltung der Beziehung zu den Endnutzern. Alles Themen, die neben Design und Engineering neu auch Management-Know-how und vernetztes Denken voraussetzen. Und ganz viele Brückenbauer zwischen den Disziplinen und Experten. 

 

Das klingt vernünftig; aber die Umsetzung scheint doch nicht ganz einfach zu sein …
Albena Björck: Tatsächlich nicht, denn in der Praxis geht es um einen Systemwechsel und um eine neue Denkweise. Um das volle Potenzial der Kreislaufwirtschaft zu entfalten, braucht es daher neue Werte, eine Unternehmenstransformation und Verhaltensänderung von allen Akteuren. In der Wissenschaft spricht man von Purpose und Purpose-orientierten Organisationen und Ökosystemen, die eine Führungsrolle in der Kreislaufwirtschaft einnehmen. Dazu kommt der Aufbau der nötigen Führungs- und Fachkompetenzen.

 

Was genau haben wir unter dieser Purpose-Orientierung zu verstehen?
Albena Björck: Purpose-orientierte Organisationen verbinden heute funktionale Exzellenz und finanziellen Erfolg mit sozialen und Beziehungszielen. Purpose als die leitende Idee und der Existenzgrund einer Organisation gibt Richtung für Strategie, Kultur und Alltagsgeschäft. Bezeichnend sind auch die Innovationsenergie und das starke Engagement von Mitarbeitenden, Kunden und Geschäftpartnern. Beruhte früher der Erfolg eines Unternehmens auf einer geschickten Arbeitsteilung, so gewinnen nun kollaborative und interdisziplinäre Kompetenzen und auch die Kommunikation an Bedeutung. Eigentlich alles erstrebenswerte Ziele.

 

Welchen Bezug haben Sie zu Schaffhausen?
Albena Björck: Ich kenne den Wirtschaftsstandort Schaffhausen gut. Seit Jahren arbeite ich mit Schaffhauser Unternehmen in der Forschung, bei Masterarbeiten und studentischen Businessprojekten zusammen. Auch zu Themen wie Purpose und Kreislaufwirtschaft. Ein aktuelles Beispiel: Ein interdisziplinäres Team von International-Business-Studierenden der ZHAW und Ingenieur-Studierenden der Stanford University entwickelte dieses Jahr eine Kreislaufsystemlösung für die Medikamentendistribution und besuchte mehrmals Schaffhausen. Es freut mich, dass die Zusammenarbeit in unterschiedlichen Formen weitergeführt wird.


Dr. oec. HSG Albena Björck, Dozentin Sie promovierte an der Universität St.Gallen zur Transformation und Geschäftsmodellevolution der Pharmaindustrie und -distribution. Aktuell doziert und forscht sie an der ZHAW School of Management and Law im Bereich strategisches Management und Kommunikation mit Fokus auf Purposeorientierten Organisationen, Transformation, Krisen und Erneuerung. Sie initiiert und leitet strategische Projekte mit global tätigen Unternehmen mit Forschungs- und Bildungszwecken, u. a. neu in Zusammenarbeit mit der Stanford University. Albena Björck ist Expertin der Innosuisse, sitzt im Board der Initiative Go Circular in Life Science und nimmt Führungsrollen in internationalen akademischen Verbänden ein.


Master-Studierende der ZHAW und Stanford University bei ihrem Besuch in Schaffhausen im März 2023. Sie arbeiteten an einer Kreislaufsystemlösung und trafen Unternehmen aus der Region. Von links nach rechts: Juan Jimenez, Patrick Allgeier, Anthea Kuczewska, Peter Bazsa, Stephen Primeau, Ashwinkumaran Senthilkumar, Benjamin Randoing, Ghadi Nehme, Antoni Soledad.
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